Einmal und doch wieder by Erma Bombeck

Einmal und doch wieder by Erma Bombeck

Autor:Erma Bombeck [Bombeck, Erma]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-10-23T16:00:00+00:00


1974

Die Dinosaurier

Wir sahen ein wenig lächerlich aus — zwei 47jährige Erwachsene mit spitzen Hüten, die mit einer Schlaufe unter dem Kinn festgehalten wurden, allein an einem Tisch im Garten.

Neben uns ein rauchender Grill, der die ohnehin schon fast unerträgliche Augusthitze Arizonas in eine ganz besondere Hölle verwandelte.

So hatte ich mir unsere Silberhochzeit ganz bestimmt nicht vorgestellt.

Immer, wenn ich davon träumte, stellte ich mir ein großes, weißes, mit Blumen geschmücktes Zelt vor, in dem eine sechsköpfige Band für mehrere hundert Gäste aufspielte. Gleich darauf tauschten mein Mann und ich diamantenbesetzte Armbänder aus, bevor er mich mit Heidelbeeren fütterte, die es um diese Zeit eigentlich gar nicht gab. Und dann spielte die Band unser Lieblingslied „Our Love ist Here to Stay“, während wir eng umschlungen über den Tanzboden glitten.

Später warfen wir Papierschlangen vom zweiten Deck eines Schiffes und erhoben unsere Champagnergläser, während unsere zu Tränen gerührten Kinder zu uns herauf winkten.

Die Wirklichkeit aber sah so aus, dass unsere Kinder ein paar Hamburger und Würstchen auf den Grill geworfen und sie gierig verschlungen hatten, um anschließend uns das Aufräumen zu überlassen. Auf dem Gartentisch lagen die Geschenke: zwei gleiche Bademäntel in Einheitsgröße und von meinem Mann ein Duschkopf, der vom sanften Strahl bis zum Düsenjet alles zu bieten hatte.

25 Jahre. Es hat einmal eine Zeit gegeben, da hätten wir dafür in einer gewissen Fernsehsendung tosenden Applaus bekommen. Aber das war einmal.

Die Jüngeren beäugten einen, als wäre man ein prähistorisches Wesen, dessen Gehirn nicht mehr in der Lage ist, den Körper zu lenken. Die Gleichaltrigen schüttelten nur angewidert den Kopf und flüsterten sich hinter vorgehaltener Hand zu: „Sie würde ihn auf der Stelle verlassen, wenn sie noch andere Chancen hätte.“

Wenn ich die Sonntagszeitung las, schlug ich immer häufiger die Seite mit den Jubiläen auf ... Menschen, die 50 oder 60 Jahre Ehe überlebt hatten. Auf seltsame Art waren sie meine Zukunft, sie, die nebeneinander saßen, ohne sich zu berühren, und mit stierem Blick in die Kamera starrten. Ihr Haar war schütter, darunter schimmerte rosig die Kopfhaut durch. Bei ihm war es nicht anders. Ihre Wangen waren schlaff und ohne eine Spur von Lächeln. Beide Gesichter von Falten und Furchen gezeichnet, in denen jedes Samenkorn aufgegangen wäre, beide trugen die gleiche Brille.

Ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Bills Bart nur mehr ein weißer Flaum sein würde und ich einen Schnurrbart hatte. Und dann würde uns kein Mensch mehr unterscheiden können.

Schon jetzt hatten sich unsere Ansichten, unsere Geschichten, unsere Meinungen und Einstellungen in einem Maße angenähert, dass wir kaum noch wussten, wo der eine anfing und der andere aufhörte. Jedesmal, wenn Bill den Witz von der Ente in der Sauna zum besten gab, wusste ich genau, an welcher Stelle er sagen würde: „Hilf mir doch bitte bei der Pointe, Liebling.“

Und es gab nicht einen einzigen anderen Menschen außer ihm, der auch nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, was ich mit dem „Klingeln“ in meinem Ohr meinte.

Im Geiste ging ich die Liste der Dinge durch, die ich vor 25 Jahren an ihm hatte verändern wollen.



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